Stellungnahme der MAV-Religionslehrer*innen zum Entwurf der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ vom 06.05.2022

Herrn Generalvikar
Christoph Neubrand
Erzbischöfliches Ordinariat FR
79095 Freiburg
Postfach

30. Juni 2022

Stellungnahme der MAV-Religionslehrer*innen zum Entwurf der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ vom 06.05.2022

Sehr geehrter Herr Neubrand,

die MAV der Religionslehrerinnen und Religionslehrer im Dienste der Erzdiözese Freiburg begrüßt die Neuformulierung der Grundordnung. Die Zeichen der Zeit, in- und außerhalb der Kirche machen eine solche Neuformulierung unumgänglich dringend erforderlich.

Viele Gläubige, vor allem auch viele aus der Kirche Ausgetretene werden sich fragen, warum ist eine solche Neuformulierung nicht schon lange geschehen, bzw. Kirchenferne und Menschen ohne Konfession werden feststellen, dass in der modernen Gesellschaft und vor allem in der deutschen und europäischen Rechtsordnung viele der neuen Formulierungen schon längst Standard sind.

Aus Sicht der MAV sind die Aussagen in Artikel 3 (2) zum Thema „Vielfalt“ außerordentlich zu begrüßen und sind nahezu als Meilenstein zu bezeichnen. Die Kernaussage bzw. der Kernsatz sollte aber mit einem Punktzeichen hinter „einer den Menschen dienenden Kirche sein“, enden, damit die neue Aussage/Auffassung schlichtweg wirken kann.

Wie viele Fragen sich erst aber erst jetzt konkret auftun, hat der Film „Out in Church“ eindrücklich aufgezeigt. Diese Fragen dürfen nicht erneut im Schwebezustand verbleiben.

Natürlich stellt sich in Artikel 3 (1) die Frage, wo bleiben gerade beim „christlichen Gottes- und Menschenbild“ und nach Artikel 2 (1) bei der „zeichenhaften Verwirklichung des Reich Gottes in der Welt“, die geschiedenen Wiederverheirateten in dieser Kirche? Gehört zu diesem Menschenbild gerade nicht auch das Scheitern wesenhaft dazu?

Es ist sehr zu begrüßen, dass festgehalten wird: das christliche Profil einer Einrichtung bedarf einer „dauernden Fortentwicklung“.

In Artikel 4(1) ist „die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im kirchlichen Dienst ein zentrales Anliegen“. Auch das wird ein langer Weg, wenn das „bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen ist“. Hier wird die katholische Kirche zwar noch nicht Vorreiter für die moderne Gesellschaft von Frauen in Spitzenpositionen sein, aber zumindest auf allen anderen Ebenen gilt es beispielhaft voranzugehen, was ja auch schon geschieht!

Ebenso klingt die formulierte Verantwortung für die Dienstgeber gut, vor allem die Forderung nach einem „kooperativen wertschätzenden Führungsstil“! Für die Umsetzung braucht es einen starken Willen und viel originäres, christliches Herzblut! Es gilt dies nicht nur im Blick auf die Führung von Beschäftigten allgemein, sondern auch auf allen Ebenen des Dritten Weges umzusetzen, damit dieser zu rechtfertigen ist als ein Weg, der nicht ein Weniger zum Betriebsverfassungsgesetz darstellt (wie es in der zum Teil berechtigten Kritik am Dritten Weg in Politik und Gesellschaft immer wieder angeprangert wird), sondern eine positiv gestaltete Alternative, auf dem sich für Beschäftigte im Dritten Weg ein Plus ergibt. Auch und gerade im Bereich der Mitarbeitervertretungsarbeit auf den verschiedensten Ebenen sehen wir hier deutlich Luft nach oben, wird die bestehende Rechtsgrundlage beispielsweise der MAVO doch immer wieder missachtet, sei es aus Unkenntnis von Führungskräften über deren Inhalte oder aus einem nach wie vor hierarchisch gedachten und gelebten Führungsstil heraus.

Als Ziel und Handlungsauftrag der Kirche gehört unbedingt die Bewahrung der Schöpfung noch mit in die GO hinein. Sie zeigt sich doch als eine der dringendsten Aufgaben der Menschheit. Und die Kirche hat ja schon einiges auf diesem Gebiet erarbeitet!

Artikel 6 (4), die Formulierung „Personen, die das kirchliche Profil der Einrichtung inhaltlich prägen…, ist zu ungenau und wird bei einer AGG –Klage kaum abzuwenden sein. Die Begriffe „prägen“ und mitverantworten“ sollten genauer bestimmt werden.

Artikel 6 (5), die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche als Anstellungsvoraussetzung für alle Beschäftigungsbereiche scheint uns nicht sinnvoll und zeitgemäß. Eine öffnende Formulierung, wie sie in Artikel 7 (4), Satz 2 z.B. für den Kirchenaustritt während der Dienstzeit vorsieht, wäre auch an dieser Stelle wünschenswert, da eine zutiefst christliche Haltung sich nicht allein an der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche festmacht, aus der gerade viele von der Kirche enttäuschte Christ*innen aus dem innersten Kreis der Gemeinden austreten! Der Blick auf den Einzelfall sollte unbedingt möglich sein, da der Kirche sonst wertvolle Arbeitskräfte fehlen werden!

Artikel 7 (2) stellt klar, dass der „Kernbereich privater Lebensordnung“ rechtlichen Bewertungen „entzogen“ bleibt. Bei diesem ebenso zentralen Punkt, wie schon gesagt, erfüllt die Kirche einen Grundsatz, der in der modernen Zivilgesellschaft allerdings schon längst gilt. Die private Lebensführung darf nicht mehr Gegenstand von Loyalitätspflichten und Sanktionen sein.

Artikel 10, es ist positiv hervorzuheben, dass die Bildung von MAVen deutlich als Aufgabe der Dienstgeber formuliert wird.

Abschließend und auch als Ergebnis der eben stattgefundenen, hochspannenden Tagung zum Dritten Weg lässt sich zusammenfassen.

Die Grundordnung der Kirche hat in unserer Gesellschaft ihren eigenen inneren Wert!

Die Neuformulierung der Grundordnung ist ein großer Schritt, es müssen aber viele kleine Schritte folgen, es gilt ein kohärentes System zu entwickeln und konsequent die Grundordnung umzusetzen.

Die Kirche muss viel aktiver werden, muss innerlich glaubwürdig und auf keinen Fall mehr zögerlich handeln. Die Zeichen der Zeit erfordern eine mutige und authentische Kirche.

Der Dritte Weg ist eine wichtige Option, wenn, wie es erstaunlicherweise die weltlichen Arbeitsrichter es bei der Tagung formuliert haben, das Antlitz Jesu Christi in der kirchlichen Arbeitswelt konsequent und auch beispielhaft umgesetzt wird. Die moderne Gesellschaft und Arbeitswelt braucht die christlichen Werte, so die Richter und Lehrstuhlinhaber, die Kirche muss aber diese selber innerlich glaubwürdig umsetzen. Nur dann hat der Dritte Weg eine heilsame Wirk- und Ausstrahlungskraft. Die Grundordnung bildet den notwendigen und sinnvollen Rahmen.

Die MAV der Religionslehrerinnen und Religionslehrer wird die neue Grundordnung bis zur Entstehung weiterhin kritisch begleiten und hofft auf eine baldige Veröffentlichung!

Mit freundlichen Grüßen

Anna Krause, Vorsitzende
Peter Galli, Stellvertretender Vorsitzender

https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2022/2022-086a-Grundordnung-des-kirchlichen-Dienstes-Entwurfsfassung-vom-06.05.2022.pdf